Page 20 - Rituale - in Beratung und Therapie
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(diese   Aussage   kann   sich   jedoch   nur   auf   Übergangsrituale

                      beziehen).

                    Rituale   werden   niemals   willkürlich   und   spontan   durchgeführt

                      sondern immer bewusst und mit Absicht gewählt. Es muss folglich

                      ein   förmlicher   Beschluss   oder   eine   Willensbekundung   gegeben

                      sein.  (dieser   Aspekt   ist   wichtig   und   findet   in   der   weiteren

                      Betrachtung besondere Beachtung)

                    Ritualhandlungen   sind   lt.   Michaels   stereotyp,   förmlich,   repetitiv,

                      öffentlich, unwiderrufbar und oft auch liminal.

                    Außerdem bezieht ein Ritual sich auf etwas Transzendentales und

                      hat   auf   jeden   Teilnehmer   eine  ganz  subjektive   Wirkung   (diese

                      Aussage   ist   mit   meiner   weiter   oben   getroffenen   Abgrenzung

                      identisch)







               Falls eine der genannten Komponenten nicht gegeben ist, handelt es

               sich - nach Michaels – also nicht um ein Ritual. Habituellen Handlungen

               und Bräuchen fehlt z.B. die Absichtlichkeit und Bewusstheit und bei der

               Routine mangelt es an Unwiderrufbarkeit und Liminalität.




               Victor Turner zielt mit seiner Abgrenzungserklärung auf die Dynamik

               (Flusscharakter) des Rituals ab; die letztendlich ein anderer Ausdruck für


               die   sinngebende   Komponente   des   Rituals   ist.     „Rituale   ordnen
               menschliches  Leben  mit  dem  Ziel,  seinen Fluss zu  fördern (...)  Der


               Flusscharakter gehört zum Wesen des Rituals.“  Dieser Flusscharakter
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               ist   Kennzeichen   eines   Bewusstseinszustandes,   der   mit   den   tieferen


               Schichten des Lebens verbunden ist. „ Die Zeremonie hingegen zielt
               darauf ab, bestehende Hierarchien und Ordnungen darzustellen und zu


               bestätigen (Beispiel Königskrönung). Zeremonie verstärkt die geltende

               11            Ludwig, Stephan, a.a.O. Seite 9

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